Der Prozessdampf aus den benachbarten drei Linien der Abfallverwertungsanlage der EVN Abfallverwertung Niederösterreich, wird am Kraftwerksstandort Dürnrohr in den unterschiedlichsten Anlagen je nach Bedarf eingesetzt. In der Energieversorgungszentrale 1 (EVZ 1), welche bereits 2001 in Betrieb genommen wurde, befindet sich eine Kondensationsturbine mit zwei Anzapfungen. Die Anzapfung-A2 speist den 15bar Prozessdampfverteiler des Kraftwerks und die Anzapfung-A1 dient zur Vorwärmung des Rücklaufkondensats der Kesselanlagen Müllverbrennungsanlage der Abfallverwertung. Die Anlage ist für die Druckregelung der 3 Müllverbrennungslinien verantwortlich. Ebenfalls vom Kraftwerk aus wird die Abfallverwertungsanlage mit Niederdruckdampf beliefert um deren Eigendampfversorgung sicherzustellen. Dies erhöht den Wirkungsgrad des Gesamtsystems, da der Dampf von 50bar an der Entnahmestelle in der MVA auf 17bar über die EVZ 2 Turbine entspannt wird und dabei Strom erzeugt werden kann.
So wie die EVZ 1 wird auch die zweite Energieverwertungszentrale 2 (EVZ 2) dazu genutzt den Dampf aus der Müllverbrennungsanlage zu verwerten. Die EVZ 2-Turbine ist anders als die EVZ 1-Turbine als Gegendruckturbine konzipiert, bestehend aus einem Mitteldruck- und einem Niederdruckturbinenteil. Die Mitteldruckturbine besitzt an ihrem Ende eine geregelte Entnahme zur Versorgung einer 17 bar Prozessdampfschiene. Der verbleibende Dampf wird an der ND-Turbine abgearbeitet, welche eine Anzapfung besitzt. Die Anzapfung und der Abdampf der Turbine werden zum Aufheizen des Fernwärmenetzes zur Versorgung der Stadt St. Pölten genutzt. Dazu wird der Dampf jeweils über einen Heizkondensator (Heiko) entspannt. Die Vorlaufleitung der Fernwärme nach St. Pölten ist etwa 33 km lang und liefert rund 60% des benötigten Bedarfs an Fernwärme für die niederösterreichische Landeshauptstadt. Die Generatoren der beiden Dampfturbinen EVZ 1 und EVZ 2 speisen in das 110 kV-Netz der Netz NÖ ein.
Leistungsdaten Energieverwertungszentralen
EVZ 1 | EVZ 2 | |
Elektrische Leistung | 30 MW | 16 MW |
Frischdampfdruck | 48 bar | 48 bar |
Frischdampftemperatur | 390 °C | 390 °C |
Dampfmenge | max. 150 t/h | max. 164 t/h |
Fernwärmeversorgung St. Pölten und Dampfversorgung der AGRANA Bioethanolanlage
Das Fernwärmenetz wurde für 40MW thermisch ausgelegt, kann aber bis max. 50MW betrieben werden. Bei maximalem Massenstrom von 680t/h liegt der Temperaturabfall vom Vorlauf bis zum Rücklauf bei ca. 3°C.
Damit im Sommerbetrieb die Dampfabnahme aus der Müllverbrennungsanlage sichergestellt ist, kann die EVZ 2 Turbine in einer Art “Kondensationsbetrieb“ betrieben werden. Der Fernwärmerücklauf wird mithilfe zweier Rückkühler gekühlt und es wird Energie in das Kühlwasser abgeleitet. Im Winterbetrieb, wenn die Fernwärme im Vollbetrieb fährt, werden die Rückkühler mittels eines Bypasses umgangen.
Das lokale Fernwärmenetz wird mit einer Kapazität von bis zu 6 MW (thermisch) versorgt.
Die erste Dampfauskopplung zur Agrana Bioethanolanlage ist seit Herbst 2007 in Betrieb und weist eine thermische Leistung von rund 60MW auf.
Diese Auskopplung wurde im Zuge der Anlagenerweiterung der AGRANA um eine zweite, weitgehend parallele Leitung im Jahre 2018 ergänzt, wodurch sich die auskoppelbare Leistung auf rund 85MW erhöht hat.
Der Prozessdampf wird über zwei, jeweils rund 3,5 km lange Verbindungsleitungen ausgekoppelt.
Die ausgekoppelte Dampfmenge beträgt in Summe ca. 110t/h, die Dampftemperatur 200 °C, und der Dampfdruck am Einspeisepunkt in der AGRANA Anlage 13,5 bar.
Mithilfe des Prozessdampfes erzeugt die AGRANA Bioethanol und Industriestärke.
Biomethanol wird in Österreich dem Fahrzeugkraftstoff beigemengt (Benzin, E10). Die Industriestärke geht großteils an die Papierindustrie. Die bei der Erzeugung der Primärstoffe anfallenden Reststoffe finden Verwendung als Tierfutter.
In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass der Nutzungsgrad in Kombination Müllverbrennungsanlage und thermischer Nutzung der Prozessdampfenergie – Stromerzeugung in EVZ1 und EVZ 2, Restwärmenutzung für Fernwärme St. Pölten und AGRANA > 90% liegt.
Dieser Nutzugsgrad wird bei vergleichbaren Energieverwertungsanlagen, kaum bzw. auch nur annähernd erreicht.